1937 bis 1945 – Unternehmensgründung und Einbindung in die Kriegswirtschaft
In die Zuständigkeitslücke stieß im Januar 1937 die Deutsche Arbeitsfront (DAF), um mit der Durchführung des Prestige-Projektes ihr Image aufzubessern. Währenddessen begannen Anfang April 1937 die Tests der 30 Fahrzeuge umfassenden W30-Serie, die insgesamt mehr als zwei Millionen Testkilometer absolvierten. Am 28. Mai 1937 gründete die Deutsche Arbeitsfront in Berlin die Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbH, die am 16. September 1938 in Volkswagenwerk GmbH umbenannt wurde. Im Februar 1938 begannen östlich von Fallersleben am Mittellandkanal die Bauarbeiten am Hauptwerk, das als vertikal-integrierte und weitgehend autarke Musterfabrik projektiert war. Im ersten Jahr nach der für den Herbst 1939 geplanten Eröffnung sollten 150 000 und im zweiten Jahr 300.000 Volkswagen produziert werden, um im Folgejahr die Jahreskapazität von 450.000 Fahrzeugen zu erreichen. Mittelfristig war die Fertigung von 1,5 Millionen Volkswagen vorgesehen. Die Mitarbeiterzahl sollte von 7.500 über 14.500 auf schließlich 21.000 Beschäftigte gesteigert werden. Der geschätzte Investitionsbedarf von rund 172 Millionen Reichsmark für das Gelände sowie 76 Millionen Reichsmark für die maschinelle Ausstattung war finanziell nicht gedeckt. Verkaufserlöse aus dem beschlagnahmten Immobilienbesitz der freien Gewerkschaften sollten Entlastung bringen.
Größe, technische Ausstattung und Fertigungstiefe orientierten sich am Ford-Werk River Rouge in Detroit, das als modernstes Automobilwerk der Welt galt und von Ferdinand Porsche und dem Planungsteam zwei Mal besucht wurde. Parallel zum Bau des Hauptwerks im heutigen Wolfsburg entstand in Braunschweig das Vorwerk, das Lehren und Werkzeuge zuliefern sollte und zudem für die Berufsausbildung des Fachkräftenachwuchses zuständig war. Arbeitskräfte- und Rohstoffmangel verzögerten bei beiden Vorhaben den Baufortschritt.
Für das von Ferdinand Porsche entwickelte Fahrzeug prägte Hitler während der propagandistisch inszenierten Grundsteinlegung am 26. Mai 1938 den Begriff KdF-Wagen. Begleitet von einer massiven Werbekampagne, führte die Deutsche Arbeitsfront am 1. August 1938 das KdF-Wagen-Ratensparen ein. Wer wöchentlich einen Mindestbetrag von fünf Reichsmark bei der DAF einzahlte, sollte Besitzer eines Volkswagen werden. Doch die geringe Massenkaufkraft durchkreuzte die hoch fliegenden Pläne, denn für einen Industriearbeiter blieb der Volkswagen faktisch unerschwinglich. Schlussendlich nahmen 336.000 Sparer an dem Ratensparprogramm teil, deren Zahl weit hinter den gigantischen Fabrikationsplanungen zurückblieb.
Während im Vorwerk noch 1938 die praktische Lehrlingsausbildung und auch die Produktion von Vorrichtungen und Werkzeugen startete, verschob sich aufrüstungsbedingt die Ausstattung des Hauptwerks immer weiter. Bis Kriegsbeginn am 1. September 1939 erfolgte überhaupt noch keine Fertigung. Die Umstellung des Werks auf die Produktion von Rüstungsgütern führte stattdessen zur Neuausrichtung des Unternehmens. Im Auftrag der Luftwaffe übernahm die Volkswagenwerk GmbH Ende 1939 Reparaturarbeiten an Flugzeugen vom Typ Ju 88 und lieferte Tragflächen und hölzerne Abwurfbehälter. Im Zuge der Heeresmotorisierung gelang 1940 der Einstieg in die Automobilfertigung. Die Serienfertigung von Kübelwagen und dann ab 1942 von Schwimmwagen etablierte ein zweites Standbein. Bis Kriegsende fertigte das Werk insgesamt 66.285 Fahrzeuge. Der Umsatz stieg zwischen 1940 und 1944 von 31 auf 297 Millionen Reichsmark.
Die Einbindung des Unternehmens in die deutsche Rüstungswirtschaft hatte nach 1941 die Angliederung von Tochterunternehmen etwa in Luckenwalde und Ustron zur Folge. 1943/44 erweiterte die Volkswagenwerk GmbH die Fertigungskapazitäten durch die Auftragsverlagerung nach Frankreich und durch den Ausbau von Eisenerz- und Asphaltstollen zu unterirdischen Fabrikationsstätten. Nach mehrmaligem Bombardement der am Mittellandkanal gelegenen Fabrikanlage schritt 1944/45 die Dezentralisierung des Unternehmens durch die Verlegung von Produktionsbereichen in provisorische Fertigungsbetriebe voran. Den Arbeitskräftebedarf der wachsenden Rüstungsproduktion deckten von Sommer 1940 an eine steigende Zahl Zwangsarbeiter. Als erste Gruppe, die durch Zwang zur Arbeitsaufnahme veranlasst wurde, kamen polnische Frauen in das Hauptwerk. Später folgte die Zuweisung von Kriegsgefangenen und KZ Häftlingen – insgesamt schätzungsweise 20.000 Personen. Sie stammten aus den vom Deutschen Reich besetzten oder dominierten Staaten Europas und bildeten 1944 zwei Drittel der Betriebsbelegschaft. In der nationalsozialistischen Kriegsgesellschaft waren Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter faktisch rechtlos und einer gestuften rassistischen Diskriminierung ausgesetzt. Unzureichende Ernährung, physische Gewalt und Ausbeutung untergruben ihre Gesundheit und gefährdeten ihr Leben.
Die am 11. April 1945 eintreffenden amerikanischen Truppen beendeten die Rüstungsproduktion und befreiten die ausländischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Mit dem ersehnten Ende der nationalsozialistischen Diktatur brachen auch für Volkswagen neue Zeiten an.