Im vergangenen Jahr haben Volkswagen und die Stadt Wolfsburg die Ankunft der ersten italienischen Gastarbeiter vor 60 Jahren gefeiert. Aus diesem Anlass entstand die Idee für ein Projekt, dessen Ergebnisse Volkswagen Heritage am Donnerstagabend im Forum des Konzernarchivs in Wolfsburg präsentiert hat. Ziel war es, die facettenreiche und sowohl gesellschaftlich als auch historisch relevante Geschichte italiensicher Migranten und ihrer Nachkommen festzuhalten und für zukünftige Forschungen und Fragestellungen verfügbar zu machen. In Zusammenarbeit mit der „CATO Sozietät für Kommunikationsberatung“ wurden generationenübergreifend Frauen und Männer aus unterschiedlichen Generationen in wissenschaftlich kuratierten Zeitzeugeninterviews befragt. Entstanden ist ein vielschichtiges Bild der unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten und Herausforderungen in Vergangenheit und Gegenwart. Die Interviews zeigen dabei auch eindrucksvoll den hohen Anteil der italienischen Migranten an der Erfolgsgeschichte von Volkswagen.
Dies unterstreicht Personalvorstand und Arbeitsdirektor Gunnar Kilian: „Mit diesem Projekt halten wir ein besonderes Kapitel unserer Volkswagen Geschichte lebendig. Es zeigt, am Beispiel unserer italienischen Kolleginnen und Kollegen, wie gelebte Integration unser Unternehmen und unsere Region bereichert. Mit ihren persönlichen Schilderungen unterstreichen die Zeitzeugen zudem, dass es sich für eine offene und vielfältige Gesellschaft lohnt, anfängliche Herausforderungen gemeinsam zu überwinden.“
Für die Vorsitzende des Konzernbetriebsrats, Daniela Cavallo, ist das Zeitzeugenprojekt sowohl als Arbeitnehmervertreterin als auch als Italienerin ein wichtiges Zeitzeugnis und gleichzeitig ein Zeichen der Wertschätzung: „Das Projekt leistet wichtige Vorarbeit, indem es Quellen für gesellschaftlich relevante Fragen sichert, die sich am Beispiel Volkswagen heute und zukünftig exemplarisch untersuchen lassen. Unsere Unternehmensgeschichte rund um die früh prägenden italienischen Einflüsse bietet viel wissenschaftlichen Stoff für ganz entscheidende Aspekte: Integration zum Beispiel – im Betrieb, aber auch im gesellschaftlichen Kontext, im Leben insgesamt. Damit einhergehend das Thema Identität, und zwar vor allem auch europäische Identität. Und nicht zuletzt auch die Bedeutung von Familie und von starken Frauen.“
Dieter Landenberger, Leiter Volkswagen Heritage, hebt die Bedeutung hervor, die das Zeitzeugen-Projekt für die historische Forschung über Arbeitsmigration im Allgemeinen und die italienische Gemeinschaft im Besonderen hat: „Unternehmen als Lebenswelt von Migrantinnen und Migranten wurden bislang in der Forschung nur wenig untersucht. Dabei ermöglicht die Unternehmensgeschichte eine interessante Perspektive auf Themen wie etwa die Komplexität von transnationalen Lebenswegen. Der besondere Dank des Teams von Volkswagen Heritage gilt den beteiligten Zeitzeugen, die lebendigen Einblick in ihre Biografien, ihre beruflichen Werdegänge und Familiengeschichten gegeben haben. Ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Wertungen sind eine ebenso eindrückliche wie authentische Quelle und nicht zuletzt ein Spiegel der Zeitgeschichte.“
In einer Talkrunde sprachen vier der interviewten Zeitzeugen, Ria Annese, Adriana Gilbo, Vanessa Lanzilotti und Giovanni-Battista Marazza über ihre ganz persönlichen Erfahrungen und ihren Umgang mit den Themen Integration und Identität, Wurzeln und Heimat. Im Spannungsfeld zwischen individuellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten beeindruckten diese vier Vertreter der jüngeren Generationen das Publikum mit ihren Einblicken in ihr deutsch-italienisches Leben in Wolfsburg. Die Gäste im Forum des Konzernarchivs würdigten die Akteure auf der Bühne mit großer Zustimmung und Applaus für ihre Statements zu Integration bis zu Schmunzeln und Lachern bei augenzwinkernden Antworten auf die Frage nach dem Klischee von „typisch italienisch“ und „typisch deutsch“.