Die Geschichte von Audi

Das Vorbild für den Polo: Der Audi 50

Ein Mehrmarkenkonzern spielte in den Überlegungen der Wolfsburger Unternehmensleitung noch keine Rolle, als sie 1964 Verhandlungen zur Übernahme der Auto Union GmbH führte. Die Interessen an der Daimler-Benz-Tochter waren anders gelagert: Weil sich die Pkw-Produktion im Werk Wolfsburg der Auslastungsgrenze näherte, zählten für Volkswagen vor allem die Fabrik in Ingolstadt mit einer Jahreskapazität von 100 000 Fahrzeugen und einer qualifizierten Belegschaft sowie die rund 1 200 Händler und Werkstätten umfassende Verkaufs- und Kundendienstorganisation. Dass der Kapazitätszuwachs mit der Ausschaltung eines Konkurrenten einherging, bildete ein zusätzliches Kaufargument. Zum Übernahmepaket gehörte die Lizenz für den fast serienreifen Mitteldruckmotor, den DaimlerBenz zur Umstellung der in Ingolstadt gebauten Typenpalette von Zwei- auf Viertaktmodelle entwickelt hatte. Der 1,7-Liter-Motor galt als technologische Innovation, von der sich Volkswagen einen Wettbewerbsvorsprung versprach. Ein für den Vorstand verfasstes Papier hob zudem die Option hervor, ein auf dem F 102 basierendes Fahrzeug unter der Marke Audi als „europäische“ Alternative zu den in der Mittelklasse stark vertretenen US-amerikanischen Modellen zu positionieren.

Dkw
DKW-MOTORRAD

Die am 3. September 1949 in Ingolstadt gegründete Auto Union GmbH war ein junges Unternehmen, das eine ins 19. Jahrhundert zurückreichende Automobilbautradition aufgriff. Am 14. November 1899 rief August Horch in Köln die Firma A. Horch & Cie ins Leben, die 1904 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und nach Zwickau verlegt wurde. Wegen eines Streits mit dem Aufsichtsrat verließ der renommierte Konstrukteur das Unternehmen und gründete 1909 eine neue Firma, die August Horch Automobilwerke GmbH. 1910 in Audi Automobilwerke GmbH umbenannt, verließ im gleichen Jahr der erste Audi die Zwickauer Fabrik. Der kleine Betrieb wuchs in der Weimarer Republik zu einer Marke mit internationaler Reputation heran. Die Weltwirtschaftskrise vereinte die finanziell geschwächten Unternehmen Horch und Audi sowie zwei weitere sächsische Automobilbauer in der Chemnitzer Auto Union AG, die mit den vier ineinander verschlungenen Ringen den Gründungsgedanken symbolisierte. Unter dem Dach dieses Automobilkonzerns schlossen sich am 29. Juni 1932 der DK W-Hersteller Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG, die Horchwerke AG und die Audi Werke AG zusammen. Als vierte Marke kam die Automobilabteilung der Wanderer-Werke AG hinzu, die über einen Kauf- und Pachtvertrag integriert wurde. Als zweitgrößter deutscher Automobilhersteller mit unterschiedlichen Modellpaletten deckte die Auto Union in den 1930erJahren fast das gesamte Marktspektrum ab: DK W platzierte sich in der unteren Mittelklasse und stieg 1937 mit einer Jahresproduktion von fast 60 000 Zweirädern wieder zur weltgrößten Motorradfabrik auf.

autos
ENDMONTAGE IM WERK DÜSSELDORF

Audi bediente ebenso wie Wanderer die gehobene Mittelklasse und schrieb unter dem Signet der Auto Union Rennsportgeschichte; Horch eroberte seine führende Stellung im Luxussegment zurück. Die Zentralisierung der Forschungsund Entwicklungstätigkeit in den Jahren 1936/37 bündelte nicht nur die in zahlreichen Patenten fixierte Innovationskompetenz. Sie zielte vielmehr auf Kosten senkende Rationalisierungseffekte in der Fertigung. Durch die forcierten Bemühungen um eine Standardisierung der Karosserieformen, Fahrgestelle, Motoren und Getriebe entstand aus dem Nebeneinander unterschiedlicher Typenprogramme ein charakteristisches Auto-Union-Profil. Im letzten Vorkriegsjahr fertigte der Konzern mit rund 23 000 Beschäftigten mehr als 67 000 Automobile und 59 000 Motorräder. Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Auto Union einer der bedeutendsten Lieferanten für Wehrmacht und Behörden und gliederte sich nach Kriegsbeginn ebenso wie andere Automobilunternehmen in die nationalsozialistische Rüstungswirtschaft und das NS-Zwangsarbeitssystem ein. 

Werk Ingolstadt
WERK INGOLSTADT
Auto union
DIE VIER MARKEN DER AUTO UNION
NSU
PIONIER MIT WANKELMOTOR: DER RO 80

Die Marke DKW, die sich mit dem 1931 eingeführten F1 als Pionier des Frontantriebs profiliert hatte, bestimmte bis 1965 die Produkttechnik und Modellpalette des Unternehmens. Mit dem F 89 P, der „Meisterklasse“, lief 1950 im neuen Werk Düsseldorf die Pkw-Fertigung an, und das bis 1954 komplettierte Zweiradprogramm brachte die Motorisierung in Westdeutschland voran. Die Renaissance des Zweitakters nach dem Krieg bescherte dem Ingolstädter Hersteller eine wachsende Nachfrage. Insoweit war die Auto Union eine gute Partie, als Daimler-Benz mit Übernahme des Unternehmens im April 1958 seine Produktpalette nach unten ergänzte. Anfang der 1960er-Jahre zeigte sich jedoch immer deutlicher, dass mit den relativ teuren Zweitaktwagen kaum neue Käuferschichten erschlossen werden konnten. Der Absatz des F 102, der im Frühjahr 1964 in Serie ging, blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Durch das beharrliche Festhalten an der traditionellen Bauweise hatte sich die Auto Union am Markt isoliert.

Präsentation des neuen Audi
PRÄSENTATION DES NEUEN AUDI

Nach der Kapitulation des Deutschen Reiches fielen die in der Sowjetischen Besatzungszone gelegenen Fabriken der Auto Union der Demontage anheim, bevor die Sowjetische Militäradministration 1948 die Enteignung des Unternehmens verfügte. Die Keimzelle für den Neubeginn in Westdeutschland bildete ein 1945 nach Ingolstadt verlegtes Ersatzteillager, das unter der im Dezember 1945 gegründeten Firma Zentraldepot für Auto Union Ersatzteile Ingolstadt GmbH rasch expandierte. Zur Frühjahrsmesse in Hannover liefen hier 1949 die ersten Schnelltransporter vom Band. Am 3. September 1949 wurde die Auto Union GmbH von ehemaligen Spitzenmanagern der vormaligen Auto Union AG gegründet.

Das Vorbild für den Polo: Der Audi 50
DAS VORBILD FÜR DEN POLO: DER AUDI 50

Unter dem Dach des Volkswagen Konzerns vollzog die neue Tochter den schwierigen Umstieg von Zwei- auf Viertaktmotoren. Die dadurch entstehende Kapazitätslücke schloss der ab Mai 1965 auch in Ingolstadt gefertigte Käfer. Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung im September 1965 präsentierte die Auto Union ihren ersten Viertakter. Das aus dem F 102 entwickelte und von einem Mitteldruckmotor angetriebene Modell trat unter der Bezeichnung Audi an und leitete die Wiedergeburt der Marke ein. Audi Variant, Audi 60 und Audi Super 90 ergänzten 1966 die Modellpalette, die der Auto Union nach den Verlusten des Vorjahres wieder zu positiven Ergebnissen verhalf und die schrumpfende Vertriebsorganisation stabilisierte. Doch erst der erfolgreiche Vorstoß in die obere Mittelklasse mit dem 1968 anlaufenden Audi 100 sicherte dem Unternehmen den Rang einer eigenständigen Marke. Das 1969 aufgelegte Investitionsprogramm zur Erweiterung der Fertigungskapazitäten und zum Auf bau einer eigenen Technischen Entwicklung in Ingolstadt untermauerte den errungenen Status.


Die rückwirkend zum 1. Januar 1969 vollzogene Fusion mit der NSU Motorenwerke AG zur Audi NSU Auto Union AG mit Sitz in Neckarsulm gliederte eine weitere Marke in den Wolfsburger Konzern ein. Für Volkswagen ging es dabei eher um die Technologiekompetenz des Herstellers und um das die Audi Modellpalette ergänzende NSU-Kleinwagensortiment als um den Wankelmotor selbst, den die Wolfsburger Führungsetage für nicht zukunftsfähig hielt. Tatsächlich war der von NSU ab 1967 gebaute Ro 80 in technischer und stilistischer Hinsicht seiner Zeit voraus. Doch der Kreiskolbenmotor und die aerodynamische Karosserie machten das avantgardistische, von Claus Luthe entworfene Modell zu einem Solitär im automobilen Mainstream. 


Mit der Produktionseinstellung des Ro 80 im März 1977 wurde die Marke NSU Geschichte. In kommerzieller Hinsicht hatte sie die Erwartungen des Wolfsburger Konzerns wohl nicht erfüllt. Dafür profitierte Volkswagen von den Synergien des Markenverbunds, der sich als Geburtshelfer der neuen Volkswagen Generation betätigte und dem Baukastenprinzip zum Durchbruch verhalf. Der erste Volkswagen mit Frontantrieb und Wasserkühlung, der 1970 in Serie gegangene K 70, stammte aus dem Hause NSU. Aus dem neuen Audi 80 ging der mit Fließheck versehene Passat, aus dem Audi 50 der baugleiche Polo hervor. Darüber hinaus glich der Erfolg der erlösstärkeren Audi Modelle teilweise die Absatzverluste und schrumpfenden Erträge aus, die das Ende der Käfer-Ära ankündigten und die Umstellung auf eine moderne Produktpalette begleiteten. Zwischen 1969 und 1973 weitete Audi seinen Absatz sowohl im Inland als auch auf den Exportmärkten, insbesondere in den USA, kontinuierlich aus, bevor die Ölkrise die Nachfrage auf verbrauchsgünstige Modelle lenkte.

MAKING
GARANTIERT ROSTFREI – VOLLVERZINKTE KAROSSERIE DES AUDI 80
Anbruch des TDI-Zeitalters
ANBRUCH DES TDI-ZEITALTERS
Montage des TT in Györ
MONTAGE DES TT IN GYÖR
A8 Hybrid
A8 HYBRID

Zum Konzern mit 45 800 Mitarbeitern herangewachsen, verkaufte die Audi AG 1999 rund 626 000 Autos und bilanzierte einen Gewinn von 324 Millionen DM. Grundlagen dieser erfolgreichen Entwicklung waren die Kostenvorteile einer verschlankten und mit Systemlieferanten vernetzten Produktion und die große Akzeptanz der 1994 eingeführten Produktpalette. Vor allem der Audi A4 wurde zum Verkaufsschlager und Wachstumsmotor, während das mit Aluminiumkarosserie ausgestattete Flaggschiff A8 die Pionierrolle des Unternehmens im Leichtbau begründete und seinen Auftritt in der Oberklasse verstärkte. Dem trug der Volkswagen Konzernvorstand 1995 durch eine stärkere Trennung der Marken Volkswagen und Audi Rechnung, nachdem er zum 1. Januar 1993 die Vertriebsverantwortung für Audi Fahrzeuge nach Ingolstadt übertragen hatte. Produktmarketing und Vertriebsstrategie wurden nun exklusiv auf das Premium-Image zugeschnitten.


Auch nach der Jahrtausendwende blieb Audi auf Erfolgskurs und stieg 2003 mit einem Gewinn von 811 Millionen Euro zur ertragsstärksten Konzernmarke auf. Fast die Hälfte der gebauten Fahrzeuge waren A4 Modelle, deren Anteil an der Gesamtproduktion im Zuge der Produktdiversifizierung auf ein gutes Drittel im Jahr 2008 schrumpfte. Zu den wichtigsten Modellneuheiten zählen der Luxusgeländewagen Q7 und der in Neckarsulm gefertigte Supersportwagen R8, die sich nach dem Serienanlauf 2006 in zwei neuen Marktsegmenten behaupteten. Der 2007 eingeführte Audi A5 fand im ersten vollen Verkaufsjahr über 57 000 Käufer. 2008 verstärkte die Premiummarke ihren Auftritt im SU V-Segment durch den Audi Q5 und stellte dem Audi A3 ein Cabriolet zur Seite. Die Erweiterung der Modellpalette ging mit einem Ausbau der Fertigungskapazitäten im Ausland einher. Damit bereitete das Unternehmen den Boden für anhaltendes Wachstum.


Als neuer Produktionsstandort wurde im Mai 2007 das vormalige Volkswagen Werk Brüssel in den Fertigungsverbund von Audi integriert. Rollte dort zunächst der Audi A3 vom Band, wird am Standort heute der A1 hergestellt. Im Škoda Werk Aurangabad in Indien startete 2008 die CKD-Montage des Audi A6 und Audi A4, heute laufen dort der Audi A3, der A4, der A6, der Q3, Q5 und Q7 vom Band.


In China hält der Anbieter von Premiumfahrzeugen eine zehnprozentige Beteiligung an dem Joint Venture FAWVolkswagen Automotive Company Ltd., das die Fertigungskapazitäten für Audi Fahrzeuge weiter ausbaut. Audi hatte die strategische Bedeutung des chinesischen Marktes früh erkannt und produziert vor Ort die Modelle A3, A4, A6, Q3 und Q5. Im Reich der Mitte, wo 2014 insgesamt 529 000 Einheiten abgesetzt wurden, hält Audi innerhalb des Premiummarktes die Spitzenposition.

A1
A1

Die bedeutende Zunahme der Auslieferungszahlen, die 2008 erstmals die Millionengrenze überschritten hatte, und 2014 auf 1,744 Millionen Fahrzeuge kletterte, resultierte zum einen aus der Erweiterung des Produktangebots im SU V-Segment um Q5 und Q3 und den 2010 präsentierten A1, mit dem Audi das Premiumsegment der kleinen Kompaktwagen für sich erschloss. Zum anderen ergänzte Audi sein Produktportfolio konsequent um Varianten, erneuerte die bestehenden Modellreihen durch Generationswechsel und verbesserte regelmäßig die technische Ausstattung der einzelnen Modelle. Dass Qualität und Design den Premiumanspruch zum Ausdruck bringen und den Kundengeschmack treffen, trägt ebenfalls zum Unternehmenserfolg bei. Der Umsatz stieg von 34,2 Milliarden Euro im Jahre 2008 bis 2014 auf eine neue Rekordmarke von 53,7 Milliarden Euro, das operative Ergebnis von 3,7 auf 5,1 Milliarden Euro.

Produktion in Changchun
PRODUKTION IN CHANGCHUN

Um auch künftig die Wachstumspotenziale der Weltmärkte auszuschöpfen, zeigt sich der Premiumanbieter mit seiner globalen Markenstrategie gut gerüstet. Seit der Wiederbelebung der Marke Audi hat sich der ehemalige Hersteller von Zweitaktern zu einem angesehenen Technologieführer der internationalen Automobilindustrie gewandelt. Hoch profitabel, innovationsstark und mit erstklassigen Produkten in allen Volumenmärkten positioniert, belegt Audi im Markenverbund einen herausragenden Platz mit kaum zu überschätzender Bedeutung für die Zukunft des Volkswagen Konzerns.

Die angegebenen Verbrauchs- und Emissionswerte beziehen sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug und sind nicht Bestandteil des Angebots, sondern dienen allein Vergleichszwecken zwischen den verschiedenen Fahrzeugtypen. Zusatzausstattungen und Zubehör (Anbauteile, Reifenformat usw.) können relevante Fahrzeugparameter, wie z. B. Gewicht, Rollwiderstand und Aerodynamik verändern und neben Witterungs- und Verkehrsbedingungen sowie dem individuellen Fahrverhalten den Kraftstoffverbrauch, den Stromverbrauch, die CO2-Emissionen und die Fahrleistungswerte eines Fahrzeugs beeinflussen. Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen können dem „Leitfaden über den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen und den Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen“ entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der DAT Deutsche Automobil Treuhand GmbH, Hellmuth-Hirth-Str. 1, D-73760 Ostfildern oder unter www.dat.de/co2 erhältlich ist.